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6. September 2022: Wieder zurück
Sechs Wochen Sommerferien gehen schneller vorbei, als man denkt …
zumal wenn der Tanzlehrer die meiste Zeit davon mit dem Aussortieren
von kistenweise Tanzbeschreibungen und CDs verbringt (danke
Meinhard!). Und dann ist es schon wieder Zeit für eine neue
Unterrichts-Saison.
Die Tasche wird gepackt für den ersten
Tanzabend der neuen Saison
Aber der Abend ließ sich gut an, mit zwei Drei-Paar-Sets (und einer
Reihe von entschuldigten Stammgästen). Nur die avisierten
Anfänger:innen, die noch vor ein paar Tagen eine “Wir kommen
bestimmt!”-E-Mail abgeschickt hatten, kamen nicht (wobei ich die
Absage dann wieder daheim in meiner E-Mail vorfand – als sie ankam,
saß ich schon im Auto nach Frankfurt). Aber vielleicht ein andermal!
Ich entschied mich dann, lieber zu improvisieren, als die überwiegend
fortgeschrittenen Anwesenden mit dem gezielt für die Neuen
aufgestellten Programm zu quälen. Die Tänze davon können wir auch noch
tanzen, wenn sie vielleicht tatsächlich mal da sind.
Als nächstes dann The Falls of Rogie von Jean Attwood, ein Reel, der immer mal wieder auf Ballprogrammen erscheint
(in Frankfurt zuletzt beim 39. Ball 2007 – wobei wir auch erwähnen
können, dass Angelika Schmidkonz ihn auf der 2017er-Day-School
unterrichtet hat). Ich mag an ihm besonders den Übergang aus der Chase
in die rechtshändige Drehung in die Half Reels of Four.
Die Falls of Rogie (oder
auch nur “Rogie Falls”) finden sich in den Highlands, in der Nähe des
Örtchens Contin (Wohnsitz des
Runrig-Perkussionisten und
-Songschreibers Calum MacDonald) nordwestlich von Inverness. Sie sind
nahe der A835-Straße und gut zu erreichen und deshalb eine beliebte
Touristenattraktion.
Der Strathspey The Spirit of the Dance wurde von
Irene Paterson zum Andenken an Bob Blackie
(1936–1998) erfunden. Wer in diesem Tanz gut aussehen will, sollte
lange Strathspey-Schritte tanzen können, denn die sind nötig – sowohl
im Tourbillon am Anfang als auch in der Solofigur für das erste Paar
in den Takten 9–16. Getragen wird man dabei von der sehr romantischen
Musik, einem “Slow Air” namens My Dearest Sally, komponiert
von Bobby Brown, dem schottisch-kanadischen Band-Leader und
bei uns vorgetragen von Keith Smith und
Muriel Johnstone (Aufnahme von der CD
Campbell's Birl) – jedenfalls zum Üben; zum Tanzen sind wir
dann wegen unserer zwei Drei-Paar-Sets auf eine Sechsmal-Durch-Musik
ausgewichen. – Der Tanz verdient es auf jeden Fall, schön getanzt zu
werden; als Strathspey bietet er prinzipiell Gelegenheit zum
Nachdenken und auch dazu, zu schauen, was rechts und links
passiert. Perfektes Covering beim Kreuzen am Ende des Tourbillons oder
in den Rights and Lefts für drei Paare ist bei Fortgeschrittenen
natürlich eine Selbstverständlichkeit, genau wie ein symmetrischer
Tourbillon und die souveräne Zeit- bzw. Musikeinteilung auf der langen
Strecke in den Takten 9–16. Ein eigentlich nicht so schwieriger Tanz,
aber mit einigen Herausforderungen!
Hugh Foss (The Reel #200)
Nach der Pause waren wir dann plötzlich nur noch fünf Paare (upps),
und da wir sowieso schon am Improvisieren waren, konnten wir uns auch
an einem Fünf-Paar-Tanz versuchen, hier insbesondere Polharrow Burn von Hugh Foss. Dieser Tanz (1967 in Foss’ eigener
Serie von Leaflets, den Glendarroch Scottish Dance Sheets,
erschienen und schließlich 2007 von der Society
“wiederveröffentlicht”) ist ein “moderner Klassiker” und wird oft auf
Bällen getanzt; sein Hauptmerkmal sind die parallelen diagonalen Half
Reels of Four, die das Set gründlich durcheinanderbringen würden –
wenn Foss nicht in den Takten davor die Tänzer:innen geschickt so
arrangiert hätte, dass sie durch die Reels genau an ihre
Ausgangspositionen zurückkommen … ein genialer Mathematiker zu sein
zahlt sich eben manchmal aus.
Über Hugh Foss könnte man einiges schreiben – er war nicht nur
vielleicht der kreativste Theoretiker des modernen Scottish Country
Dancing, sondern auch sonst eine sehr interessante Persönlichkeit –,
aber wir verweisen hier der Einfachheit halber auf seine Seite in der Tanzdatenbank, wo unter “Extra Info” ein
länglicher Text zu lesen ist, der auch noch weitere Verweise zu bieten
hat. Polharrow Burn ist ein Fließgewässer im
Südwesten von Schottland, nahe Hugh Foss’ Altersruhesitz in
St John's Town of Dalry.
The Duran (Durham)Ranger (Michael Maggs, CC BY-SA 3.0)
Den krönenden Abschluss unseres Tanzabends bot dann The Elusive Muse von Tim Wilson aus San Francisco (erschienen in der
Sammlung Measures of Pleasure). Dieser kurze Tanz – drei
Durchgänge im Drei-Paar-Set – ist Bruce Herbold gewidmet,
ebenfalls aktiv in und um San Francisco und ehedem ein Fisch-Biologe,
weswegen der Tanz Elemente von The Duran Ranger und The Salmonfield Poacher aufgreift – von ersterem mehr oder weniger den
Seitenwechsel im “Down the Middle and Up”, von letzterem das “Set and
Link for Three”. (Der “Duran Ranger” – oder “Durham Ranger” – ist eine
Fliege zum Lachs-Angeln, und der Fischbezug des anderen Tanzes erklärt
sich mehr oder weniger selbst.) Tim Wilson schreibt, dass er Bruce
eigentlich zu dessen 49. Geburtstag einen Tanz zueignen wollte, aber
die Muse sich elusive, also “schwer zu erwischen” zeigte. Zum
50. Geburtstag hatte er dann mehr Glück.