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14. November 2023: Von Edinburgh bis Orkney

Heute haben wir eine Reihe von Tänzen für Personen und Orte in Schottland. Dazu Pas-de-Basque-Übungen und die Allemande. Mit zwei Drei-Paar-Sets etwas knapper besetzt als letzten Dienstag haben wir trotzdem jede Menge Spaß!

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Nach dem Aufwärmen starten wir heute mit einem Klassiker aus der Ceilidh-Szene: Der Gay Gordons ist wohl der prototypische Tanz, den alle Schott:inn:en kennen und (jedenfalls früher) in der Schule gelernt haben. Die “Gordons” sind die Gordon Highlanders, ein Infanterieregiment der britischen Armee, das 1881 aus dem “75th (Stirlingshire) Regiment of Foot” und dem “92nd (Gordon Highlanders) Regiment of Foot” entstand und 1994 mit den “Queen’s Own Highlanders (Seaforth and Camerons)” zu “The Highlanders (Seaforth, Gordons and Camerons)” zusammengelegt wurde. Die Gordon Highlanders waren in Aberdeen stationiert und kämpften in Ägypten und Indien und gegen die Buren in Südafrika, im 1. Weltkrieg an der Westfront und in Italien. Im 2. Weltkrieg war das 1. Batallion Teil der 51st (Highland) Division in Frankreich, deren größter Teil im Juni 1940 bei St.-Valéry-en-Caux kapitulieren musste und in deutsche Kriegsgefangenschaft geriet (siehe The Reel of the 51st Division). Es wurde im August 1940 neu aufgebaut und kam in Nordafrika, Sizilien und bei der Invasion in der Normandie bis zum Kriegsende zum Einsatz. Das 2. Batallion kämpfte Anfang 1942 in Singapur und kam in japanische Gefangenschaft; ein neu designiertes 2. Batallion landete Ende Juni 1944 in der Normandie und gelangte über die Niederlande und das Rheinland nach Deutschland. Nach dem Krieg folgten Einsätze der “Gordons” in Britisch-Malaya (heute Teil von Malaysia), Zypern und Nordirland. – Als der Tanz neu war, vor einem guten Jahrhundert, hatte das Wort “gay” noch nicht die heutige Bedeutung “homosexuell”, und man sollte den Namen des Tanzes demnach nicht überinterpretieren (der Legende nach bezieht “The Gay Gordons” sich auf die schneidigen Uniformen). Auf der anderen Seite gibt es inzwischen unter dem Namen The Gay Gordons in London, Manchester und Edinburgh Tanzgruppen, die sich vor allem (aber nicht nur) an die LGBTQIA+-Gemeinde wenden.

“The Gay Gordons” ist auch ein Marsch von James Scott Skinner, der gerne für den Tanz gespielt wird. Unsere Musik, aufgenommen von White Cockade, The, ist aber Captain Cameron, kurz für Captain Cameron’s Volunteers’ March – Balvenie von William Marshall, dem vielleicht größten schottischen Komponisten des späten 18. Jahrhunderts.

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Als nächstes tanzen wir – nach einer umfangreichen Pas-de-basque-Übung – den Tanz Espie McNabb aus Miss Milligan's Miscellany. Den Hintergrund des Tanzes haben wir am 30. Mai besprochen und rollen ihn hier nicht noch einmal auf. Aber da wir nur 5 Paare sind, beschränken wir uns auf eine spontan improvisierte 5-Paar-Version des Tanzes: Alle setten und kreuzen wie gehabt, aber für die zweite Figur tanzen die Paare 1 und 3 das Down the Middle and Up und enden im zweiten bzw. vierten Platz (Paare 2 und 4 rücken auf). Die dritte Figur ist wieder normal (für die Paare 1 und 3) und der Kreis am Schluss ist für alle. Am Ende des Tanzes ist die Reihenfolge 24153, so wie bei vielen anderen 5-Paar-Tänzen. Viele 3-Paar-Tänze lassen sich so modifizieren, vor allem wenn sie keine Figuren enthalten, die alle Corners involvieren.

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Wir üben die 2-Paar-Allemande, und einer der bekannteren Tänze, die Pas de basque und die Allemande kombinieren, ist Mrs Stewart Sinton's Reel aus dem Book of Graded Scottish Country Dances der RSCDS. Das “Graded Book” macht keine Angaben über die Herkunft der Tänze, und auch eine Google-Suche nach “Mrs Stewart Sinton” ergab nichts Verwertbares – die Identität der Dame bleibt also vorerst im Dunkeln.

Die Herausforderung bei diesem Tanz ist das Kreuzen auf die andere Seite in den Takten 5–8 (und 13–16). Wie in Espie McNabb gesehen, reichen 2 Takte für einen Seitenwechsel dicke aus – wenn man wie hier 4 zur Verfügung hat, lautet die Faustregel, 3 davon für das eigentliche (gemächliche) Überkreuzen zu verwenden und den letzten für ein (ebenso gemächliches) Umdrehen. Was – wie immer – unbedingt zu vermeiden ist, ist zu frühes Ankommen und anschließende Verlegenheit, bis die nächste Figur anfängt.

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Zum Abschluss des Technik-Teils noch eine kleine Herausforderung: Crown Court von Tom Steele beginnt mit einer “Meanwhile-Figur”, wo beide Paare gleichzeitig verschiedene Choreografien tanzen. Aber keine Angst, nach den ersten acht Takten geht es ganz normal weiter! Natürlich (zur Übung) mit einer Allemande. Der Tanz kommt aus dem London Jubilee Book von 1989. – Der “Crown Court” (Singular) entspricht in England und Wales ungefähr unseren Landgerichten, soweit es um Strafsachen geht; für das Zivilrecht ist der “High Court of Justice” zuständig. (Schottland hat, obschon Teil des Vereinigten Königreichs, nach alter Tradition sein eigenes Justizsystem, das von dem in England und Wales abweicht – aber der Tanz kommt natürlich aus der London Branch.)

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John Wilkinsons Strathspey The Water of Leith wurde 2014 im Buch 90 - Twelve anniversary dances celebrating ninety years of RSCDS Edinburgh Branch veröffentlicht und von der Society für das Book 53 aufgegriffen. Eigentlich hieß er zuerst Fine for Now, aber bekam seinen endgültigen Namen bei der Veröffentlichung im Edinburgh-Buch.

Water of Leith im Dean Village, mit Hochwasser nach Regen
Water of Leith im Dean Village, mit Hochwasser nach Regen (Derek Harper, CC BY-SA 2.0)
In der schottischen Sprache ist ein water ein Fließgewässer, das größer ist als ein burn, aber kleiner als ein river: Das “Water of Leith” entspringt in den Pentland Hills südwestlich von Edinburgh, fließt durch die Harperrig-Talsperre, vorbei an den Ruinen des Cairns Castle und passiert Balerno, Currie, Juniper Green, Colinton, Slateford (wo der Union Canal, der von Falkirk nach Edinburgh verläuft, mit einem schiffbaren Aquädukt über das Water of Leith geführt wird), Longstone, Balgreen, Roseburn und West Coates, bevor es zwischen West End und Dean Village das Zentrum von Edinburgh erreicht. Die spektakuläre “Dean Bridge”, mit der die Queensferry Road das tiefe Tal des Water of Leith kreuzt, wurde von Thomas Telford entworfen, gab ihren Namen auch einem Tanz, und ist eine Sehenswürdigkeit. Der Fluss verläuft weiter durch Stockbridge, Inverleith, Canonmills, Warriston und Bonnington, bis er schließlich nach insgesamt 35 km im Hafen von Leith den Firth of Forth und damit die Nordsee erreicht. Im 18. Jahrhundert trieb das Water of Leith über 70 Mühlen und andere Wasserräder an, mit denen von Mehl über Papier, Gewürze, Wolle, Leinen, Schnupftabak alles Mögliche hergestellt wurde, das für die wirtschaftliche Entwicklung von Edinburgh wichtig war. Die Industrialisierung tat dem Fluss nicht gut, aber in der letzten Zeit haben Umweltschutzmaßnahmen zu einer umfangreichen Regenerierung geführt. Seit 1988 kümmert sich der Water of Leith Conservation Trust als erste gemeinnützige Fluss-Organisation in Schottland um dessen Weiterentwicklung und den Schutz von Denkmälern, Flora und Fauna. Inzwischen gibt es auch einen Water-of-Leith-Wanderweg, der den Fluss auf über 20 km Länge von Balerno bis Leith begleitet, streckenweise entlang früheren Eisenbahnstrecken, deren Überreste wie Tunnels und Brücken an diversen Orten zu sehen sind.

Old Man of Hoy, von Norden
Old Man of Hoy, von Norden (Dave Wheeler, CC BY-SA 2.0)

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The Old Man of Hoy von Iain Boyd aus Neuseeland ist kein “Seniorentanz”, sondern bekommt seinen Namen von einem vertikalen, 137 m hohen Felsen an der Westküste der Insel Hoy im Südwesten der Orkney-Inseln. Der Felsen besteht aus rotem Sandstein auf einem Sockel aus Basalt und ist einer der höchsten seiner Art im Vereinigten Königreich. Er wurde durch Erosion gebildet und ist vermutlich weniger als 250 Jahre alt – eine Karte von 1750 zeigt ein vorstehendes Kap, aber keinen einzelnen Felsen, während der “Old Man” seit dem frühen 19. Jahrhundert verbürgt ist. Die Erosion geht weiter und es ist davon auszugehen, dass er früher oder später umfallen wird.

Der Old Man of Hoy wurde zuerst 1966 von Chris Bonington, Rusty Baillie und Tom Patey bestiegen. Seitdem schaffen es jedes Jahr bis zu 50 Kletterer. Es gibt sieben Kletterrouten, die hinaufführen, deren beliebteste die ursprüngliche von Bonington & Co. an der dem Land zugewandten Ostwand ist. Im Juli 2017 lief Alexander Schulz auf einem 180 m langen Seil vom Land zum Gipfel des Old Man of Hoy und zurück; einige Leute haben ihn auch zum Base-Jumping verwendet.

Der Tanz läßt uns noch einmal Pas de basque und die Allemande üben, außerdem Rights and Lefts. Oft ist die Allemande die letzte Figur eines Tanzes, aber hier ist das nicht der Fall. Veröffentlicht ist The Old Man of Hoy in Let's All Dance.

Eine Luckenbooth Brooch, zur Verfügung gestellt von Marie Schwarz
Eine Luckenbooth Brooch, zur Verfügung gestellt von Marie Schwarz

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Für den letzten Tanz des Abends (noch einmal für die Nicht-Anfänger:innen) geht es noch einmal zurück nach Edinburgh: John Bowie Dicksons Tanz The Luckenbooth Brooch feiert ein traditionelles Schmuckstück aus Schottlands Hauptstadt. Die Brosche gibt es in ganz verschiedenen Ausgestaltungen, aber sie vereinigt immer eine Krone und ein Herz und steht für Liebe, Treue und Schutz – der Sage nach schenkte Maria Stuart die erste ihrer Art ihrem Liebhaber und späteren zweiten Ehemann Lord Darnley. (Das half ihm auf Dauer aber nicht dagegen, von Verschwörern umgebracht zu werden; auch seine Frau und ihr späterer dritter Ehemann, der Earl of Bothwell, waren impliziert – endgültig aufgeklärt wurde die Sache nie, aber nach Marias Hochzeit mit Bothwell nur drei Monate nach Darnleys plötzlichem Ableben ging es mit ihr eigentlich bloß noch bergab. Die Horrible Histories attestieren Maria mit einiger Berechtigung “einen schrecklichen Geschmack, was Männer anging”.) Nichtsdestotrotz bleibt die Brosche populär etwa als Verlobungsgeschenk oder um sicherzustellen, dass neugeborene Babys nicht von bösen Feen ausgetauscht werden. Der Name leitet sich übrigens ab von den abschließbaren Marktständen (locking booths), die seit dem 16. Jahrhundert die Altstadt von Edinburgh bevölkerten und auch, aber nicht nur, den Juwelieren der Stadt als Verkaufsläden dienten.

#NameTypeSetSource
1Gay GordonsX161RRCollins SCD
2Espie McNabbJ323/4LMMM
3Mrs Stewart Sinton's ReelJ322/4LRSCDS Graded
4Crown CourtJ323/4LSteele: London Jub. 89
5The Water of LeithS324/4LWilkinson: RSCDS LIII
6The Old Man of HoyR322/4LBoyd: Let's All Dnc 1
7The Luckenbooth BroochJ323/4LDickson: RSCDS LIII

Text: Anselm Lingnau · Fotos: wie angegeben