16. Januar 2024: Ballvorbereitung beginnt!

Noch neunmal Tanzen bis zum Ball! (Naja, achteinhalbmal – am 30.1. ist (auch) die jährliche Mitgliederversammlung.) Höchste Zeit, dass wir anfangen, uns den Tänzen vom Ballprogramm zu widmen. Ob auch die 9 Paare, mit denen wir dieses Jahr anfangen, damit zu tun haben? Schön wär’s ja … 😉

Der erste Tanz nach dem Aufwärmen ist heute abend ein “moderner Klassiker”: J. B. Milne von Hugh Foss ist von Ballprogrammen nicht mehr wegzudenken, und auch auf unserem Programm dieses Jahr hat er den besonderen Platz ganz am Schluss des Abends.

Der Tanz findet sich ursprünglich im Angus Fitchet Scottish Dance Album – Angus Fitchet (1910–1998) aus Dundee war ein Geiger, Bandleader, und produktiver Komponist, und das Buch enthält 16 Tänze von Hugh Foss, die auf seine Musik geschrieben sind. J. B. Milne, eigentlich John Bannerman Milne, (1902–1968) kam ebenfalls aus Dundee und war einer der drei Söhne eines Kohlenhändlers. Er kaufte im Alter von neun Jahren seine erste Geige; mit 16 arbeitete er dann von 5.30 Uhr bis 18 Uhr in einer Jutefabrik, von 18 bis 20 Uhr gab er Geigenstunden und von 20 Uhr bis Mitternacht spielte er in einer Tanzhalle. Seine erste bezahlte Stellung war als “musical director and cleaner” im Variety Theatre in Dundee für 19 Shilling pro Woche. Milne investierte seine Ersparnisse in eine Autovermietung, die er 1928 für £360 verkaufte, um mit dem Erlös das Variety Theatre zu kaufen und zu einem Kino umzubauen. Zehn Jahre später stand er an der Spitze des größten privaten Kino- und Bingo-Hallen-Imperiums in Schottland. J. B. Milne und Angus Fitchet kannten einander aus der Musikszene in Dundee, wo sie zur Stummfilmzeit in Kinos spielten – Milnes Aufstieg als Kinomagnat fällt in die Anfangszeit des Tonfilms, aber man kann mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass er dem etwas jüngeren Fitchet noch den einen oder anderen Job zugeschanzt hat. Nach dem Ende der Stummfilme spielte Angus Fitchet zunächst in der Band von Jimmy Shand, bevor er sich mit seiner eigenen Tanzband selbständig machte … aber das ist eine Geschichte für ein andermal.

Das Angus Fitchet Scottish Dance Album erschien 1954, aber aus irgendwelchen Gründen kam J. B. Milne erst in den frühen 1970er Jahren groß raus. Heute, wie gesagt, ist er ein absoluter Dauerbrenner und vermutlich einer der nicht allzuvielen Tänze, die sich auswendig zu wissen lohnen. Die RSCDS, die sich ja mit Hugh Foss immer schwer getan hat, brauchte bis 2019, um den Tanz in eine eigene Publikation aufzunehmen (Thirty Popular Dances, Volume Two), wobei er schon vorher in den von der RSCDS zusammengestellten “Collins”-Büchern Collins Pocket Reference: Scottish Country Dancing und Collins Little Books: Scottish Dance auftauchte.

Weiter geht es mit Strathspey (zum ersten Mal für die, die gegen Ende 2023 angefangen haben). The Falkirk Lass ist dafür nicht schlecht, kommt der Tanz doch ganz ohne Setting-Schritte aus, so dass wir uns zunächst auf den Strathspey Travelling Step konzentrieren können. Der Tanz selbst wurde geschrieben von Elaine Brunken (dem “Falkirk-Mädel” aus dem Titel) auf Musik von Johnstone, Muriel A. und erschien zuerst 2002 in Muriels The Merse Collection und dann 2013 in Moments in Time, einer Sammlung von Tänzen von Elaine Brunken, bevor die Society ihn auf Vorschlag der RSCDS Northern Virginia Branch (wo Elaine inzwischen lebt) ins Jubiläums-Buch 53 aufnahm.

Falkirk ist eine schottische Stadt mit ungefähr 35.000 Einwohnern, etwa auf halber Strecke zwischen Edinburgh und Glasgow. Früher mit Eisen- und Stahlverarbeitung ein Zentrum der Schwerindustrie, etwa durch die Carron Company im benachbarten Carron, wo Kochherde und Geländer, aber auch die klassischen britischen Briefkästen und Telefonhäuschen hergestellt wurden, ist sie inzwischen vor allem von Tourismus und Einzelhandel geprägt – auch wenn heute zum Beispiel noch Busse (unter anderem die berühmten Doppeldecker) in Falkirk gebaut werden. Besonders bekannt ist Falkirk durch das Falkirk Wheel, ein weltweit einzigartiges Schiffshebewerk nach Art eines Riesenrads, und die Kelpies, zwei 30 m hohe Pferdekopf-Skulpturen aus Stahl in einem Parkareal in der Nähe der Autobahn M9, entworfen vom Bildhauer Andy Scott und 2014 der Öffentlichkeit übergeben.

Nach der Pause geht es weiter mit Double L, einem neuen Tanz vom Schorsch, inspiriert vom 2. Geburtstag von Hannelores Enkelin. (Diagramm gibt es dafür leider noch keins, die Datenbank hat ein Crib.)

Zurück beim Ballprogramm beschäftigen wir uns noch mit Shene Gate, einem Jig im Square Set, geschrieben von der unvergessenen Ann Dix und veröffentlicht in ihrer Sammlung Reel Friends. Ann war nicht nur eine kreative Tanz-Erfinderin, sondern auch eine charismatische und inspirierte Lehrerin – leider ist sie 2013 gestorben, genau am Tag bevor die Society auf ihrer Jahreshauptversammlung die Verleihung der höchsten Auszeichnung im Schottentanz, des Scroll of Honour, an sie bekanntgeben sollte. (Wobei man das als Preisträger:in vorher weiß, Ann konnte sich also noch darüber freuen.)

Der Tanz selbst erinnert punktuell ein bisschen an Culla Bay – einen anderen, sehr beliebten, Tanz von Ann (siehe 13. Juni 2023) –, aber er steht für sich selbst und könnte ohne Weiteres auch in einem Display eine tragende Rolle spielen.

Für einen anderen neuen Tanz ist leider keine Zeit mehr – aber wir nutzen die verbleibenden zehn Minuten für eine schnelle Wiederholung von J. B. Milne für alle, die noch wollen.

#	Name	Type	Set	Source
1	J. B. Milne	R32	3/4L	Foss: RSCDS 30 popular, Vol 2
2	The Falkirk Lass	S32	3/4L	Brunken: RSCDS LIII
3	Double L	R32	4/4L	Lusky
4	Shene Gate	J32	4S	Dix: Reel Friends 1

Text und Foto: Anselm Lingnau