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23. Januar 2024: Leicht und luftig in Morar

Weiter geht es mit der Ballvorbereitung – heute mit neuen Schritten (für manche, Strathspey Setting) und Figuren (Turn Corner-Partner und Tourbillon). Außerdem ein ganz neuer Tanz, noch ein Tanz aus Buch 53 und ein alter Bekannter.

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Wir starten mit Light and Airy aus Buch 4. Über die Geschichte dieses Tanzes wissen wir nicht viel (außer dass er aus einer Sammlung von William Campbell aus dem späten 18. Jahrhundert stammt – herausgegeben in London, wo damals die meisten Tanzbücher veröffentlicht wurden. “Schottisches” Tanzen als solches gab es damals nicht wirklich, denn country dancing war grundsätzlich überall in Großbritannien gleich (auch wenn es, im Gegensatz zum frühen 18. Jahrhundert, schon Elemente gab, die vor allem in Schottland populär waren; mit dem Ende des Reifrocks ein paar Jahrzehnte vorher konnten sich auch die Geschwindigkeiten von Reel und Strathspey allmählich differenzieren).

Der Tanz ist, als Diagramm oder Crib gesehen, eigentlich ganz einfach, aber hat doch ein paar kleine Tücken: Die ersten acht Takte brauchen saubere Technik, damit man elegant vom ersten in den dritten Platz kommt und wieder zurück. Immerhin ist die Unbequemlichkeit des Castens in die “falsche” Richtung fair zwischen Herr und Dame verteilt; es erwischt jede:n mal. Auch Turn Corner-Partner ist keine ganz einfache Figur – vor allem die Takte 3–4 der Figur fordern lange Schritte und eine gewisse Entschlossenheit. Aus der Allemande ins Turn Corner-Partner kommt man als 1. Paar am bequemsten, indem man auf die Takte 7–8 der Allemande nicht in die Seitenlinie zurücktanzt, sondern zuerst nur die rechte Hand loslässt und dann einen kleinen Skip-Change-of-Step-Schritt nach rechts und einen nach links tanzt, um den Partner zu passieren und vor dem ersten Corner zu enden. Kein Problem!

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Sands of Morar von Barry Priddey (1928–1996), posthum von der Society veröffentlicht in Buch 45, ist inzwischen ein sehr beliebter Strathspey. Er ist der erste Tanz im RSCDS-Repertoire mit der Figur Tourbillon (“Wirbelwind”, aber auch eine Vorrichtung, um die Ganggenauigkeit von mechanischen Armband- und Taschenuhren zu erhöhen), die ebenfalls von Barry Priddey erfunden wurde. Barry Priddey hat uns 14 Tanzbücher hinterlassen, die insgesamt 131 zum Teil ziemlich skurrile und teils anspruchsvolle Tänze enthalten. Auf dem diesjährigen Ballprogramm steht außer Sands of Morar noch der Tanz Whippety Stourie, den wir uns in einer der nächsten Wochen noch vornehmen werden, und wer letzten Samstag auf dem Tea Dance war, erinnert sich vielleicht noch an den 6-Paar-Strathspey The Song of the Waves, der auch aus Barrys Feder stammt.

Besondere Schwierigkeiten hat der Tanz eigentlich nicht aufzuweisen; der wichtigste Punkt (der auch Hochleistungs-Demonstration-Teams mitunter danebengeht) ist bei den Takten 17–18 zu finden, kurz nach den Reels of three auf der Seitenlinie. In diesen zwei Takten passiert (unter anderem) das Folgende:

  • Das 1. Paar startet aus dem ersten Platz auf der Seitenlinie in eine beidhändige Drehung in zwei Takten und endet immer noch im ersten Platz in der Mitte, wo es mit näheren Händen gefasst nach unten schaut.

  • Das 2. Paar startet aus dem zweiten Platz, wo es am Ende der Reels nach außen schaut, und tanzt bis in den ersten Platz in der Seitenlinie. (Im Prinzip tanzt das 2. Paar die Reels noch ein Viertel weiter.)

Was man statt dessen oft sieht, ist, dass das erste Paar sich bei seiner Drehung schon ein Stück in den zweiten Platz trollt (oder auch nicht) und das zweite Paar vor der Zeit in die Mitte tanzt und dort das erste Paar bedrängt. Beides sieht nicht schön aus – die offizielle Version dagegen ist sehr sauber und elegant.

Auf die nächsten beiden Takte tanzt das 1. Paar dann in der Mitte zwei Plätze nach unten (ein Platz pro Schritt), während das 2. Paar von der Seitenlinie in die Mitte tanzt (Takt 19) und dann in der Mitte einen Platz nach unten tanzt (Takt 20). Das 3. Paar übrigens sollte auf die Takte 17–18 in den zweiten Platz tanzen, auf Takt 19 dann (etwas beschleunigend) in den ersten Platz und auf Takt 20 in die Mitte, um im ersten Platz nach unten zu schauen. Soviel zur detaillierten Analyse von vier Takten Tanz 😉

Der Tourbillon steht und fällt natürlich mit den beidhändigen Drehungen auf Takt 1–2 und 5–6 der Figur. Auch hier erwischt es jede:n mal entweder dabei, halb ums Set herum “fliegen” oder aber den Partner beim Fliegen unterstützen zu müssen. Ziel muss es sein – etwa auf Takt 1–2 –, dass der 1. Herr (und die 2. Dame) auf ihrem Weg zum diagonal gegenüberliegenden Platz möglichst gut “abkürzen” können, um die Strecke elegant zu schaffen. Das wird nur möglich, wenn die 1. Dame (und der 2. Herr) bei ihrer Drehung so weit es geht in die Mitte des Sets tanzen, und zwar bezogen auf eine zwischen ihnen verlaufende Diagonale. Am Ende von Takt 1 sind die beiden also praktisch Rücken an Rücken in der Mitte des Sets, während ihr:e Partner:in vor ihnen vorbeitanzt. Auf diese Weise bleibt die Figur elegant und symmetrisch (auch das habe ich schon sehr merkwürdig und anders unterrichtet gesehen, aber die Logik ist unausweichlich).

Sands of Morar
Sands of Morar (David Crocker, CC BY-SA 2.0)
Morar ist ein kleines Dorf an der Westküste von Schottland, südlich von Mallaig. Als Dorf wurde es erst 1901 gegründet, als die West Highland Line, die Eisenbahnverbindung von Glasgow über Fort William nach Mallaig, gebaut wurde; entsprechend hat der 250-Seelen-Flecken Morar auch einen Bahnhof mit Direktverbindung in den Süden. (Die gut 330 km lange West Highland Line ist eine der großartigsten Eisenbahnstrecken der Welt und war, als sie neu war, eine ingenieurtechnische Meisterleistung.)

Pennan
Pennan (Anselm Lingnau, CC BY-SA 4.0)
Die “Sands of Morar” sind einige berühmte Strände in der Nähe des Dorfs; der bekannteste ist der ein paar Kilometer südlich gelegene Camusdarach Beach – siehe das Titelbild des heutigen Blog-Eintrags –, der als Kulisse für die Strandszenen des 1983 gedrehten Films Local Hero diente. (Die Dorfszenen dieser sehr empfehlenswerten schottisch-amerikanischen Komödie von Bill Forsyth wurden dagegen in Pennan an der schottischen Nordostküste gedreht, ungefähr 230 km Luftlinie von Morar entfernt. Dort steht auch noch die berühmte rote Telefonzelle, die allerdings erst nach dem Erscheinen des Films an der betreffenden Stelle aufgebaut wurde – im Film war es noch eine Attrappe, aber die Touristen wollten unbedingt dort telefonieren. Seit 1989 steht sie unter Denkmalschutz.)

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Nach der Pause machen wir gleich weiter mit Strathspey (es waren gerade noch zwei Drei-Paar-Sets da). Ich wollte nochmal Tourbillon und (Zwei-Paar-)Allemande üben und habe dabei festgestellt, dass es tatsächlich keinen Drei-Paar-Strathspey gibt, in dem diese beiden Figuren gemeinsam auftauchen. Also musste ich zähneknirschend (naja …) selber einen schreiben, und voilà, dank der Burns-Supper-Saison, Neeps and Tatties (sogar der Name war überraschenderweise noch nicht besetzt, es gab vorher nur Tatties and Neeps, aber das ist ein völlig anderer Tanz).

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Aus Buch 53 stammt Inchmickery von Goldring, Roy (vorher stand er schon in Goldrings eigenem Buch 14 Social Dances for 2000). Es handelt sich hier um einen Fünfpaartanz, aber keinen Foss’scher Prägung, wo die Paare 1 und 3 gemeinsam anfangen, (weitestgehend) dasselbe tanzen und in den Plätzen 3 und 5 herauskommen. Statt dessen startet nur das 1. Paar und landet am Schluss im fünften Platz, während alle anderen Paare einen Platz aufgerückt sind – viel weniger verwirrend.

Inchmickery
Inchmickery (Veedar, Public Domain)
Inchmickery ist eine kleine (100 m × 200 m) unbewohnte Insel im Firth of Forth, ungefähr 3 km nördlich von Edinburgh. Im 2. Weltkrieg diente sie als Geschützplattform und erinnert wegen der dafür nötigen Aufbauten, die auch heute größtenteils noch stehen, aus der Entfernung an ein Schlachtschiff. Die Insel ist ein Vogelschutzgebiet.

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Den Tanz J. B. Milne haben wir letzte Woche ausführlich besprochen. Diese Woche fungiert er als “Rausschmeißer” kurz vor Schluss, und erfreulicherweise kommt er den Tänzer:innen nicht (mehr) völlig unbekannt vor! In den 1990er Jahren in Frankfurt war J. B. Milne zusammen mit Tänzen wie The Montgomeries' Rant, A Trip to Bavaria und The Irish Rover der typische “Quickie”, der am Ende des Tanzabends noch schnell auf Ansage getanzt wurde, um die letzten paar Minuten der Zeit auszunutzen. Heute benutzen wir die geniale Musik von Reel of Seven, und wir haben noch ein paar andere Aufnahmen für künftige Wiederholungen …

#NameTypeSetSource
1Light and AiryJ323/4LCampbell: RSCDS IV
2Sands of MorarS323/4LPriddey: RSCDS XLV
3Neeps and TattiesS323/3LLingnau
4InchmickeryJ325/5LGoldring: RSCDS LIII
5J. B. MilneR323/4LFoss: RSCDS 30 popular, Vol 2

Text: Anselm Lingnau · Fotos: wie angegeben