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20. Februar 2024: Zwei Damen und die Montgomeries

Der Ball rückt näher! Heute lernen wir zwei neue Tänze vom Ballprogramm und wiederholen einen anderen. Außerdem gibt es einen kleinen Ausflug in die schottische Kulturgeschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und wir treffen ein paar alte Bekannte.

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Just a Dance ist eine Wiederholung von letzter Woche und wir haben da eigentlich schon alles gesagt. Es ist ja auch nur ein Tanz.

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Im Gegensatz dazu könnte man über The Montgomeries' Rant lange Abhandlungen schreiben (Hugh Foss hat genau das gemacht, in The Reel #82, wo er den Zusammenhang zwischen Tanz und Musik auseinandernimmt – sehr lesenswert). Der Tanz kommt zu uns via RSCDS-Buch 10 aus dem Register of Dances at Castle Menzies von 1749, kein gedrucktes Buch, sondern vermutlich jemandes handschriftliche Notizen über den Tanzunterricht. Zu besichtigen ist es im Original in der A.-K.-Bell-Bibliothek in Perth (Schottland) oder, solange man sich nur für den Text interessiert, hier. The Montgomeries' Rant ist Tanz Nr. 4 und sieht dort so aus:

The Montgomerie’s Rant a Strathspey Reele

1st pair goes back to back & casts off then back to back again & 2d woman casts up, & the man down, then reels above & below then the 1st pair sets hand in hand to the 2d woman then to the 3d man then to the 3d woman & then to the 2d man; then leads out att the sides.

(Die Teilnehmer:innen an meiner Sitzung auf dem letztjährigen Bonner Spring Workshop erinnern sich vielleicht düster.) Wir ignorieren für heute mal die Frage, wieviel die Beschreibung von 1749 mit der aus dem RSCDS-Buch zu tun hat, und lassen das Rätsel links liegen, dass der Tanz im Manuskript The Montgomerie’s Rant (d.h. der Clan-Chef), aber bei der Society The Montgomeries’ Rant (d.h. der ganze Clan) heißt, und konzentrieren uns statt dessen auf die verwirrende Genre-Bezeichnung a Strathspey Reele.

Ja was denn nun – Strathspey oder Reel? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns vergegenwärtigen, dass dieser Unterschied in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht existierte. Das liegt zum einen daran, dass country dancing ursprünglich aus England kam, wo es den Strathspey als musikalisches Genre gar nicht gab. Für Countrytänze wurde die Musik ein gutes Stück langsamer gespielt als für unsere heutigen Reels und Jigs, aber schneller als unsere heutigen Strathspeys, und das lag vor allem an der Damenmode, insbesondere dem damals in höflicher Gesellschaft unabdingbaren Reifrock. Dieses ausladende Kleidungsstück sorgte dafür, dass schnelle Bewegungen und enge Kurven ein Ding der Unmöglichkeit darstellten, und der Niedergang des Reifrocks im Laufe des 18. Jahrhunderts verläuft parallel mit der zunehmenden Differenzierung von Country-Tänzen in (schnellere) Reels und (langsamere) Strathspeys.

Der Montgomeries’ Rant als “Strathspey Reele” markiert chronologisch den Anfang dieser Übergangszeit und ist tatsächlich der früheste Tanz mit dieser Bezeichnung, der aktenkundig ist. (Wenn man den Tanz für das heutige Tanzen “rekonstruieren” wollte – ein beschönigender Begriff für “neu erfinden” –, müsste man sich trotzdem für das Eine oder Andere entscheiden. Dabei könnte man sich auf den Standpunkt stellen, dass reel ja ein generischer Begriff für “Tanz” ist, so dass man strathspey reele auch einfach nur als “Strathspey” lesen kann. Das ist allerdings extrem debattierbar, und die Society hat das offensichtlich anders gesehen.) Fairerweise sollte man auch anmerken, dass das musikalische Genre des Strathspey erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit Komponisten wie Niel Gow, Robert Mackintosh und vor allem William Marshall aufgeblüht und zu seiner heute charakteristischen Form weiterentwickelt wurde. Unsere Strathspeys heute sind tendenziell wahrscheinlich noch etwas langsamer als die im späten 18. Jahrhundert (einige von Marshalls Strathspeys haben die Regie-Anweisung SLOW if not danced), aber das ist vermutlich ein Thema für einen anderen Tag.

Lord Eglintoune (Colin Finlayson & Band)

Lady Montgomerie (Alex Macarthur & Band)

Colonel Hugh Montgomerie
Colonel Hugh Montgomerie (John Singleton Copley, gemeinfrei)
Das Thema “Musik für The Montgomeries’ Rant” müssen wir trotzdem nochmal kurz aufgreifen. Die Society empfiehlt das Stück Lord Eglintoune, einen sich etwas lasch anhörenden Fingerverbieger in B-Dur. Allerdings ist das nicht das Stück, das heute üblicherweise gespielt wird. Populär ist statt dessen Lady Montgomerie, das zweite in Buch 10 für den Tanz angegebene Stück – geschrieben von Colonel Hugh Montgomerie (1739–1819), dem 12. Earl of Eglinton und Baron Ardrossan, einem Hobby-Cellisten und -Komponisten. Die titelgebende Dame war Lady Mary Montgomerie (1787–1848), die Tochter von General Archibald Montgomerie (1726–1796), dem 11. Earl of Eglinton, einem Cousin 3. Grades von Hugh Montgomerie; sie heiratete Hughs Sohn, Major General Archibald Montgomerie of Coylsfield (1773–1814). (Schon verwirrt?)

Auch Lady Montgomerie ist ein Fingerverbieger in B-Dur, allerdings mit deutlich mehr “Wumms” (Hugh Foss hat in seinem Artikel mehr dazu zu sagen), und manche Bands transponieren das Stück diskret in eine kongenialere Tonart wie C- oder D-Dur. (Geiger:innen mögen lieber Tonarten mit wenigen Kreuzen wie G-, D- oder A-Dur, weil sie dann effizienter mit “leeren Saiten” operieren können. Akkordeonspieler:innen mögen lieber Tonarten mit wenigen Kreuzen wie G-, D- oder A-Dur, weil die Bassknöpfe für diese weiter oben sind als die für die Tonarten mit Bs, und man die linke Hälfte des Akkordeons so besser ausbalanciert halten kann.) Wer die beiden Stücke – ansatzweise – vergleichen will, kann das mit den nebenstehenden 15-Sekunden-Clips machen.

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Der zweite neue Tanz vom Ballprogramm für heute ist Miss Milligan's Strathspey aus dem Jubiläumsheft anlässlich des 50-jährigen Bestehens der RSCDS 1973. Als Urheber fungiert das Publications Committee der Society (der Vorläufer des heutigen Membership Services Committee), und der Tanz ist der erste im RSCDS-Repertoire mit der damals noch ziemlich neuen Figur, The Knot.

Miss Milligan
Miss Milligan (RSCDS)
Jean Callander Milligan kam am 9. Juli 1886 in Glasgow als 5. Kind von James und Isabella Milligan zur Welt. Sie interessierte sich früh für Sport und Tanzen und ergriff später den Beruf der Sportlehrerin. Ab 1909 arbeitete sie als Ausbilderin für Sportlehrerinnen am Dundas Vale Training College (1922 nach einem Umzug umgewandelt zum Jordanhill College of Education), nur unterbrochen durch einen kurzen Aufenthalt auf Malta während des 1. Weltkriegs, wo sie in einem Militärkrankenhaus arbeitete. Miss Milligan war Dundas Vale und später Jordanhill bis zu ihrer Pensionierung 1948 treu verbunden. (Jordanhill ist inzwischen eine Privatschule. Die Society ließ dort vor ein paar Jahren feierlich eine Gedenkplakette für Miss Milligan anbringen; wer diese heute sucht, könnte das schwierig finden, denn dem Vernehmen nach steht inzwischen ein Getränkeautomat davor.)

Miss Milligan interessierte sich besonders für schottische Tänze und engagierte sich in der Beltane Society, einem Verein, der die Jugend an schottische Kultur heranführen wollte. Als Mrs. Ysobel Stewart of Fasnacloich, ihres Zeichens Guide Commissioner (Oberhaupt der Mädchenpfadfinder) in Argyll, ein Buch mit schottischen Tänzen für den Gebrauch der Guides zusammenstellen wollte, war es nötig, mit einer professionellen Tanzlehrerin zusammenzuarbeiten, und J. Michael Diack, einerseits beschäftigt beim Musikverlag Paterson’s in Glasgow und andererseits Superintendent of Music für die Schulen in Glasgow und deswegen vertraut mit Miss Milligans Arbeit mit schottischen Tänzen, brachte Mrs. Stewart mit Miss Milligan zusammen. Das war 1923, und die beiden entschlossen sich schnell, einen neuen Verein zu gründen, um die Veröffentlichung des Buchs zu unterstützen. Das wurde dann die Scottish Country Dance Society, später Royal …. Durch ihre Position als Ausbilderin an der damals einzigen pädagogischen Hochschule in Schottland war Miss Milligan in der Lage, praktisch alle Sportlehrer:innen zu Tanzlehrern zu machen (ob diese nun wollten oder nicht), was der jungen Society natürlich einigen Vorschub gab. Etliche Jahre lang war der Preliminary Test, die Lehrervorprüfung der [R]SCDS, verbindlicher Bestandteil der Prüfungsordnung für Sportlehrer:innen in Schottland.

1927 fand die erste Summer School in St. Andrews statt, und Miss Milligan fungierte als deren Director, eine Position, die sie bis zu ihrem Tod 1978 innehatte (!). Nachdem sie 1948 in den Ruhestand gegangen war, konnte sie sich komplett der Society widmen, was auch nötig war, da Mrs. Stewart aus gesundheitlichen Gründen nach Südafrika auswanderte und sich damit praktisch aus der Szene entfernte. Von 1945 bis 1961 diente sie kontinuierlich als Chairman oder Vice Chairman des Executive Council (Vorläufer des heutigen Management Board). Ferner begann sie in der Welt herumzureisen, um das Schottentanzen voranzubringen – 1948 und 1949 auf den Kontinent, 1957 zum ersten Mal nach Nordamerika und schließlich 1974 nach Neuseeland, Australien und Südafrika. 1951 erschien die erste Auflage ihres Buchs Won’t You Join the Dance, ein Vorläufer des heutigen Manual of Scottish Country Dancing der Society. 1973 – im Jubiläumsjahr der Society – erklärten die Leser:innen der Glasgower Zeitung Evening Times sie zur Scotswoman of the Year. Zwischen Dezember 1975 und März 1976 bekam sie neue Kniegelenke und übte sich resolut im Laufen und Tanzen (wofür sie 1977 eine Auszeichnung bekam). 1977 schließlich kulminierten ihre Ehrungen in der juristischen (!) Ehrendoktorwürde der Universität von Aberdeen (weswegen ihre loyalen Anhänger:innen sie unweigerlich als “Dr.” Milligan bezeichnen). Sie verstarb unerwartet am 28. Juli 1978.

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The White Heather Jig von James B Cosh erinnert an die glorreiche Anfangszeit des schottischen BBC-Fernsehens in den späten 1950er und 1960er Jahren. Die “Ceilidh”-Sendung The White Heather Club wurde – mit Unterbrechungen – vom 7. Mai 1958 bis zum 11. April 1968 ausgestrahlt, immer mittwochs zunächst alle 14 Tage und später wöchentlich, für insgesamt 285 Folgen (von denen in den Archiven der BBC leider nur noch acht erhalten sind). Die Sendung dauerte eine halbe Stunde und bot normalerweise so um die 15 (!) Beiträge. Zu ihren besten Zeiten, als sie nicht nur in Schottland, sondern ab 1961 auch in England zu sehen war, hatte die Sendung 10 Millionen Zuschauer (ungefähr so viele, wie 2019 das Herren-Finale in Wimbledon angeschaut haben). Außer der wöchentlichen Sendung gab es Sondersendungen am Silvesterabend. (1958 debütierte bei der BBC übrigens auch Blue Peter, eine Sendung, die dort in derselben ökologischen Nische lebt wie hierzulande die Sendung mit der Maus und souverän auf ihr 70. Jubiläum zusteuert.)

100. Folge des White Heather Club
100. Folge des White Heather Club
Gesendet wurde ab 18.20 Uhr aus Glasgow, weil BBC Scotland dort das größte Studio hatte – natürlich live. Manchmal war das große Studio besetzt und die Sendung musste ins benachbarte, kleinere Studio 3 ausweichen, von wo unmittelbar davor die Sechs-Uhr-Nachrichten gesendet wurden. Das bedeutete, dass Tänzer:innen und Band außer Sicht der Kamera kauern mussten, während die wichtigen Neuigkeiten des Tages verlesen wurden. Anschließend trugen Arbeiter binnen Sekunden den Tisch des Sprechers davon, während die Musiker sich bereit machten, die Titelmelodie für den White Heather Club zu spielen! Die Sendung wurde über den größten Teil ihrer Lebensdauer präsentiert von Andy Stewart, mit Bands wie denen von Jimmy Shand oder Ian Powrie und Dixie Ingram und seinem Tanzteam (darunter vier Damen, die alle “Heather” hießen – ob’s stimmt?). Später übernahmen die Folksänger Robin Hall und Jimmie Macgregor die Sendung. Andy Stewart sang, erzählte Witze und führte durchs Programm, er und die Tänzer trugen Kilt und die Damen lange weiße Kleider mit Sashes und hochhackige Schuhe (!). (Die Legende sagt, dass Stewart in seiner ersten Sendung eine Hose trug, für die zweite einen Kilt mietete und erst danach zu Maßanfertigungen überging.) Andere “Stammgäste” waren Musiker:innen wie The Corries (die allerdings selten im Studio zugegen waren, sondern als Film eingespielt wurden), Moira Anderson oder Kenneth McKellar. Bobby Watson war ein berühmter Highland-Tänzer, der auch bei der RSCDS Summer School unterrichtete.

The White Heather Club war eine Ikone der schottischen Kultur, allerdings vielleicht einer schottischen Kultur, die es nur im Fernsehen gab. Schon zur aktiven Zeit der Sendung hart an der Grenze zum Kitsch und als “tartanisiert” und “shortbreaddosenhaft” charakterisiert, wurde sie 2006 vom Penguin TV Companion zu einer der 20 “schlechtesten Fernsehsendungen aller Zeiten” erklärt. Sie war zwar fähig produziert und populär, aber galt gegen Ende ihrer Laufzeit schon als ziemlich angestaubt. Allerdings half die Sendung dabei, die Karrieren diverser ihrer Protagonisten zu befördern oder zu zementieren – Andy Stewart zum Beispiel wurde zu einem Entertainer von beträchtlichem Ruhm, und Jimmy Shands Position als Doyen der schottischen Tanzmusik wurde weiter gefestigt. (Die Wichtigkeit von Jimmy Shand in der populären Musikszene von Großbritannien wird möglicherweise dadurch illustriert, dass die Beatles ihren ersten Plattenvertrag von dem Label – Parlophone – bekamen, wo Jimmy Shand längst die Zugnummer war. Jimmy Shand hat weitaus mehr Platten für Parlophone aufgenommen als die Beatles.)

Der Tanz The White Heather Jig wurde also inspiriert von dieser nicht unumstrittenen Fernsehsendung – bis hin zur Musik, denn die ist der (adaptierte) Six-Twenty Two Step von Jimmy Shand, die Titelmelodie des White Heather Club, so genannt nach der Anfangszeit des Programms.

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Muriel Gibson hatte zwei große Leidenschaften in ihrem Leben: Die schottische Unabhängigkeit und die RSCDS. 1912 in Glasgow geboren arbeitete sie nach der Schule zunächst im Education Department der Stadt Glasgow. Später diente sie im Voluntary Aid Department (einer Organisation, die sich um die Krankenversorgung der britischen Armee kümmerte) und im Women’s Royal Army Corps, zuletzt als Major. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs verließ sie kurzzeitig die Armee, trat dann aber wieder ein, als sie herausfand, dass sie in der zivilen Wirtschaft nicht die gleiche Verantwortung tragen durfte wie beim Militär. Dort brachte sie es bis zum Oberstleutnant (damals der zweithöchste Rang, den überhaupt irgendeine Frau in der British Army innehatte). Nach ihrer militärischen Karriere arbeitete sie für Ferranti und das Rote Kreuz. Von 1975 bis 1988 war sie Secretary der RSCDS. Miss Gibson starb am 22. Oktober 2005 im Alter von 92 Jahren.

Miss Gibson engagierte sich seit den frühen 1930er Jahren für die schottische Unabhängigkeit und war 1934 Gründungsmitglied der Scottish National Party. Am Anfang des 2. Weltkriegs wurde sie – wie viele andere SNP-Mitglieder – von der Polizei festgenommen, aber das hielt sie nicht davon ab, ihrem Land später loyal zu dienen. Natürlich musste sie ihre politischen Aktivitäten ruhen lassen, während sie Mitglied der Armee war, aber später hatte sie diverse Positionen in der Partei inne (bis zum Parteisekretär, zweimal). 1970 kandidierte sie als Abgeordnete für West Edinburgh, leider erfolglos.

Als Secretary der RSCDS konnte Miss Gibson ihr profundes Wissen über schottische Musik einbringen. Der Scotsman wies in seinem Nachruf vom 28. Oktober 2005 darauf hin, dass die Society ihr 1988 einen Strathspey widmete – tatsächlich war Miss Gibson's Strathspey aber schon 1979 von Derek Haynes geschrieben und 1980 als RSCDS-Leaflet veröffentlicht worden. Er gehört zu den für die Tanzprüfung (Unit 2) des Teaching Certificate vorgeschriebenen Tänzen. Meine Ausbilderin im Zertifikatskurs im Sommer 2000, Brenda Burnell, meinte seinerzeit zwar, es sei ihr unerklärlich, wie man der extrem energischen Miss Gibson einen solchen Tanz widmen konnte, aber man muss wohl nehmen, was man kriegen kann.

Meine Lieblings-Anekdote über Miss Gibson stammt auch von der Summer School 2000. Am Mittwochabend in der zweiten Woche gab es ein großes “Dinner”, bei dem der Earl of Mansfield (damals President der Society) und Miss Gibson als Ehrengäste begrüßt wurden. Da es wohl etwas später wurde, übernachtete Miss Gibson – immerhin schon 87 Jahre alt, aber durchaus rüstig – im Lumsden Wing der University Hall, damals noch strikt dem weiblichen Publikum vorbehalten und auch als “das Nonnenkloster” bekannt. Es kam aber, wie es kommen musste, und um halb fünf Uhr morgens ertönte der Feueralarm. Die Einwohner:innen der University Hall versammelten sich auf den verschiedenen Rasenflächen rund um das Gebäude, um auf die Feuerwehr aus Leuchars zu warten, und die Damen aus Lumsden fröstelten im Nachthemd in der frühmorgendlichen Kühle – alle bis auf Miss Gibson, die bei ihrer Flucht die Bettdecke mitgenommen hatte und sich wohlig unter ihr wärmte. Eine durch und durch praktische Person, auch weil sie im Anschluss angeblich noch die Feuerwehrleute überredete, sie nach Leuchars mitzunehmen, wo ja die Züge von und nach St. Andrews halten.

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Swashbuckling Errol
Swashbuckling Errol
Den Abschluss des Tanzabends bildet Swashbuckling Iain aus der San Francisco Collection Volume 2. Die Autorin des Tanzes, Carolyn Hunt, schreibt, dass sie eines Abends den Tanz Twa Sparkling Een von Iain Boyd unterrichtete. Dabei bestand ein Mitglied ihrer Klasse darauf, den Namen des Tanzes als “Swashbuckling Iain” gehört zu haben. So einen Tanz gab es natürlich nicht, aber Carolyn grübelte anschließend, wie er wohl aussehen könnte.

Für swashbuckling bietet Google nur die dürre deutsche Übersetzung “verwegen”, aber man sollte dabei an Errol Flynn als Pirat denken oder sowas. Oxford Languages definiert das Wort als engaging in daring and romantic adventures with bravado and flamboyance. Und Hieb- und Stichwaffen. Auf jeden Fall Hieb- und Stichwaffen! Im Tanz kommen die zum Glück nicht vor, aber wagemutige und romantische Abenteuer? Tapferkeit und Extravaganz? Check. Es kommt drauf an, was man draus macht!

#NameTypeSetSource
1Just a DanceJ322/4LCampbell: Crystal
2The Montgomeries' RantR323/4LCastle Menzies (18C): RSCDS X
3Miss Milligan's StrathspeyS323/4LRSCDS Leaflets
4The White Heather JigJ404/4LCosh: 22 SCD
5Miss Gibson's StrathspeyS323/4LHaynes: RSCDS Leaflets
6Swashbuckling IainJ322/4LHunt: San Francisco 2

Text: Anselm Lingnau · Fotos: wie angegeben