30. Januar 2024: Happy Polharrow Meeting
Heute findet zuerst die jährliche ordentliche Mitgliederversammlung des FSCDC e.V. statt. Wir sparen uns hier Kommentare darüber und verweisen dafür auf das Protokoll, das sicher demnächst erscheinen wird – aber ein bisschen getanzt haben wir ja auch noch …
Ballprogramme plant man in der Regel so, dass der erste Tanz ein “Aufwärmtanz” ist und den Gästen nicht zu viel abverlangt (lange Sequenzen von pas de basque wären zum Beispiel ein “No-No”, und das spricht gegen Figuren wie Double Triangles, Poussette, oder Hello-Goodbye Setting). Musiker mögen zum Anfangen meist Jigs (im 6/8-Takt) lieber als Reels (im 4/4-Takt). The Happy Meeting kreuzt also diverse Felder an, die ihn zum ersten Tanz auf einem Ballprogramm qualifizieren – nebenbei passt der Titel auch noch ganz gut –, und darum hat er auf unserem diesjährigen Ball auch diese Position. (Zuletzt war das 2019 so, aber das stört uns nicht.)
Tanztechnisch interessant sind bei The Happy Meeting vor allem die Takte 17–24, wo alle drei Grundschritte des schnellen Tempos vorkommen – slip step, pas de basque und skip-change of step. Vor allem der 1. Herr muss aufpassen, dass sein Setting mit dem “oberen”, also dem linken Fuß anfängt; das zu verpassen rächt sich am Ende von Takt 4 der Figur, wo er dann auf dem falschen Fuß steht, um mit slip steps nach oben zu tanzen. Lohnt sich also zu üben.
Sands of Morar (James Gray)
Sands of Morar (Lothian SD Band)
Die Inspiration des Stücks, Pinkie House, steht in Musselburgh, East Lothian (östlich von Edinburgh). Es basiert auf einem Turmhaus aus dem 16. Jahrhundert, ursprünglich Landsitz der Äbte von Dunfermline, und fiel nach der Reformation an Alexander Seton, der als Kanzler James VI.’ diente und dafür 1605 zum Grafen von Dunfermline erklärt wurde. Ab 1613 ließ er Pinkie House umfassend erweitern. 1694 erbte es John Hay, Alexander Setons Urenkel und 2. Marquess von Tweeddale. 1745 übernachtete Charles Edward Stuart (“Bonnie Prince Charlie”) in Pinkie House nach seinem Sieg bei Prestonpans (Sir Walter Scott, übrigens selber weitläufig verwandt mit den Setons und Hays, erwähnt das in seinem Roman Waverley, Kapitel 49). In der Zeit danach wechselte das Anwesen noch mehrfach den Besitzer und wurde immer wieder umgebaut und (mitunter romantisierend) erweitert; heute gehört es der Loretto School, einem Internat.
Hugh Foss (1902-1971), der in St. John’s Town of Dalry seinen Altersruhesitz hatte, erfand den gleichnamigen Tanz 1967 und veröffentlichte ihn zuerst in seiner Loseblatt-Serie, Glendarroch Scottish Country Dance Sheets (er ist Nr. 16). Als Tanz repräsentiert Polharrow Burn eine ebenfalls von Hugh Foss erfundene Klasse von Fünf-Paar-Tänzen, bei denen das 1. und das 3. Paar gleichzeitig als tanzende Paare agieren und typischerweise dieselben (oder sehr ähnliche) Figuren tanzen. Oft funktionieren diese Tänze so, dass der obere Teil des Sets (wo das 1. Paar tanzt) und der untere Teil des Sets (wo das 3. Paar tanzt) sich choreografisch nur tangential berühren – in der Regel muss das 4. Paar in beiden Teilen mittanzen (siehe z. B. Derek Haynes’ Tanz The Black Mountain Reel). Nicht so in Polharrow Burn – die diagonalen halben Reels of four mischen alle Tänzer:innen zumindest gefühlt gründlich durch. Insbesondere werden die Paare, die am Anfang der drei Reels an den Enden des Sets sind, jeweils ans entgegengesetzte Ende des Sets transportiert, und Foss bereitet das geschickt durch die Chases in den Takten 9–16 vor: Das 5. Paar kreuzt auf die andere Seite und geht über in die Chase, so dass es im ersten Platz auf der eigenen Seite endet. Der 5. Herr “reelt” dann in den Platz der 3. Dame und sofort weiter in seinen eigenen Platz, wo er den dritten halben Reel of four aussetzt. Entsprechend setzt seine Partnerin den ersten halben Reel of four aus, tanzt dann im zweiten in den Platz des 3. Herrn und von da aus gleich weiter in ihren eigenen Platz. (Das 2. Paar tanzt sinngemäß genauso, aber in die andere Richtung und mit vertauschten Rollen, während das 4. Paar, das die Reel-Figur im dritten Platz beginnt, durch den ersten halben Reel ans Ende des Sets kommt, dort einmal aussetzt und durch den dritten halben Reel wieder an seinen ursprünglichen Platz zurückgelangt.) Eine geniale Konstruktion.
# | Name | Type | Set | Source | |
---|---|---|---|---|---|
1 | The Happy Meeting | J32 | 2/4L | RSCDS XXIX | |
2 | Sands of Morar | S32 | 3/4L | Priddey: RSCDS XLV | |
3 | Polharrow Burn | R32 | 5/5L | Foss: Magazine |
Text: Anselm Lingnau · Fotos: wie angegeben