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12. September 2023: Ein neuer Anfang
Nach dem Mini-Social letzte Woche geht es heute wieder los mit
regulärem Tanzunterricht. Wir begrüßen einige neue Gesichter (Tanja,
Katharina, Maureen und Aziz) und beschäftigen uns mit einigen
einfachen Grundlagen.
Unser Einstiegstanz nach dem Aufwärmen ist Festival Interceltique von Ian Brockbank. Das
“interkeltische
Festival” findet seit 1971 jährlich in der bretonischen Stadt
Lorient statt und ist den kulturellen Traditionen der keltischen
Nationen (Bretagne, Irland, Schottland, Cornwall, Wales, Cumbria, die
Insel Man, Cape Breton und Akadien in Kanada, Galizien und Asturien in
Spanien) gewidmet – vor allem Musik und Tanz, aber auch Malerei,
Fotografie, Theater, Bildhauerei, Kunsthandwerk, Sport und
Gastronomie. Im Jahr 2007 war Schottland das hervorgehobene Land auf
dem Festival, und die RSCDS schickte ein Demonstration-Team nach
Lorient; im Zusammenhang mit dieser Mission wurde dieser Tanz
erfunden.
Für den nächsten Tanz kommen wir in Längssets und verwenden zum ersten
Mal den (gerade eben geübten) skip-change of step. Es ist der
Cumberland Reel aus dem RSCDS-Buch 1 und damit ein
Urgestein der Szene. Eigentlich ein einfacher Tanz – der einzige
trickreiche Teil ist das Cast off and dance up the middle in
6+6 Takten, das über die Phrasengrenze geht und nicht 100% zur Musik
passt. Aber so ist das halt mit traditionellen Tänzen. – Es gibt
diverse Varianten dieses Tanzes in Tanzbüchern aus dem
19. Jahrhundert; dies ist eine davon.
Ernst August, Herzog von Cumberland (Edmund Koken, nach 1842)
Woher der Tanz seinen Namen hat, ist unklar: Die gleichnamige
Fruchtsoße aus Johannisbeergelee, Senf, Salz und Pfeffer, blanchierter
Orangenschale und Portwein stammt vermutlich ebenfalls aus dem
19. Jahrhundert. Als Namensgeber für die Soße wird Ernst August, der
Herzog von Cumberland und spätere König von Hannover (1771–1851)
gehandelt, 5. Sohn von George III., der eigentlich keine großen
Aussichten hatte, auf irgendeinen Thron zu kommen – bis sein älterer
Bruder William IV. als König des Vereinigten Königreichs und Hannover
1837 kinderlos verstarb. Keiner seiner anderen Brüder hatte einen
ehelichen Sohn, und so erbte Ernst Augusts Nichte Victoria den
britischen Thron (gemäß den britischen Thronfolge-Regeln), während
Ernst August nach dem Hausgesetz der Salier, das Frauen von der
Erbfolge ausschloss, zum König von Hannover wurde. Damit endete die
seit 1714 geltende Personalunion zwischen den Kronen von
Großbritannien und Hannover. (Der aktuelle aus der Regenbogenpresse
wohlbekannte “Prügel- und Pinkelprinz” Ernst August von Hannover ist
übrigens der Ur-Ur-Urenkel von diesem Ernst August.) Vielleicht heißt
die Soße aber auch einfach nur nach der nordwestenglischen Landschaft.
Die Kochbuchautorin Elizabeth David bezeichnet sie als “die beste
aller Soßen für kaltes Fleisch”.
The Coanwood Stuarts ist ein Tanz aus Roy Goldrings
Sammlung Graded and Social Dances 1 - 24 Dances – einem
Standardwerk für einfache Tänze aller Art. Er greift das verbreitete
Motiv “Die Damen tanzen um die Herren und dann die Herren um die
Damen” auf, aber variiert es, indem die Drehungen mit rechts und links
dazwischengestellt werden – eine nette Kombination. Über die
Namensgeber wissen wir leider nichts; es sind vermutlich Leute namens
Stuart aus dem Dorf Coanwood westlich von Newcastle-upon-Tyne.
Noch ein Tanz für vier Paare ist Jessie
Hamiltons The Dhoon, publiziert von der RSCDS in
The Dhoon, auf der AdmiralitätskarteNr. 1344 von 1960Scottish Country Dances for Children.
Wir üben vorab Slip Step und Kreise und stürzen
uns dann gleich auf den Tanz selbst – die Herausforderung hier ist,
die Figuren lückenlos aneinanderzusetzen, denn dann “fließt” der Tanz
und man muss gar nicht so viel nachdenken! Kunstpausen zwischen den
Figuren sind dagegen eher störend. – “The Dhoon” ist eine sandige
Bucht in der Nähe von Kirkcudbright (einer der tückischeren schottischen
Ortsnamen, man spricht es “Kör-kuh-brie” aus), angeblich sehr beliebt
bei Kindern. Kirkcudbright liegt als Hauptort der traditionellen
Grafschaft Kirkcudbrightshire (heute Teil von Dumfries and Galloway)
im Südwesten von Schottland. Es gilt als “Künstlerstadt” mit einer
bekannten Künstlerkolonie und einem Kunstfestival im
Sommer. T. E. Lawrence (1888–1935), bekannt als Lawrence of Arabia,
lebte mit seiner Familie von 1889 bis 1891 in Kirkcudbright. –
Danach: Die wohlverdiente Pause!
The Glen von Susie Langdon Kass stammt aus der
Sammlung Let's All Dance von Jo Hamilton und Kass
selbst. Das Buch enthält Beginning Level/Audience Participation
Dances und ist eine Fundgrube für den Einsteigerunterricht.
Glen Lyon (Anselm Lingnau, CC BY-SA 4.0)
Dieser Tanz insbesondere ist der erste in unserem Programm für die
Zwei-Paar-Progression (immer eine große Herausforderung, aber bei uns
heute durch die zahlreichen Fortgeschrittenen etws
abgemildert). Ansonsten besteht er nur aus Elementen, die heute abend
bereits anderweitig vorgekommen sind. – Ein glen ist ein Gebirgstal,
meist ein langgezogenes mit eher nicht so steilen, konkaven Seiten im
Gegensatz zu einer Schlucht. John Whittow im Dictionary of Physical
Geography sagt, ein glen ist “enger als ein strath”, also ein
noch breiteres (meist) Flusstal wie das Strath Spey, das Tal des
Flusses Spey, Namensgeber der langsamen schottischen Tänze. Unser Foto
zeigt das Glen Lyon in Perthshire, westlich von Fortingall – im
Vordergrund ein Denkmal für Robert Campbell (1808–1894), der aus dem
Glen Lyon kam und in Kanada für die Hudson Bay Company als Händler
und Entdecker unterwegs war.
Von der RSCDS Belfast Branch in Nordirland stammt unser heutiger Tanz
für Fortgeschrittene, der 3-Paar-Set-Strathspey The Orchards of Co. Armagh. Die Grafschaft Armagh ist im Binnenland an der Grenze
zur Republik Irland und hat an die 200.000 Einwohner. Was die
Obstgärten angeht, werden wir der Tanzautorin Jinty Anderson
glauben müssen. – Der Tanz erschien zuerst in Belfast Branch Platinum Anniversary Dances und wurde von der Society für das
Jubiläums-Buch 53 selektiert, das wir kurz
hier vorgestellt haben; wir werden in den
nächsten Wochen und Monaten sicher noch mehr Tänze aus diesem magnum
opus ausprobieren. Die Originalmusik ist von Marian Anderson, und wir haben ihre eigene Aufnahme von der
Belfast-Platinum-CD verwendet, weil ich die Musik für Buch 53 noch auf
meinen Unterrichts-PC kopieren muss.
Den krönenden Abschluss des heutigen Abends bildet Jo Hamiltons Tanz The Castle Jig, aus Let's All Dance Too
(der Fortsetzung des oben schon zitierten Let's All Dance)
von Jo Hamilton und Susie Langdon Kass. Der Tanz
feiert die zweimal jährlichen Exkursionen des Mountain-View-Tanzkurses
in den Pub The Edinburgh Castle in San Francisco, die zu informellen
Treffen der Schottentanzszene der Bay Area wurden und auch die
ansonsten nicht tanzenden Gäste mit einbanden.